Kundgebung gegen Unterkünfte zweiter Klasse
Es stehen Wahlen an in Berlin und die Parteien entdecken die Mieter*innen Berlins als Wähler*innen. Die SPD, die zurzeit regiert und wohl auch zukünftig regieren wird, verspricht beispielsweise 100.000 neue kommunale Wohnungen. Da nur knapp ein Drittel von ihnen mit moderaten Mieten geplant sind, bedeutet dies für die überwiegende Mehrheit der Berliner*innen: die Suche nach einer Wohnung bleibt ein harter Kampf. Denn weiterhin werden vor allem private Investor*innen gefördert. Dabei wäre grade jetzt ein neuer sozialer Wohnungsbau bitter notwendig. Sogar die eigenen Berechnungen des Senats für Stadt und Umwelt zeigen: mit den bisher geplanten Bauprogrammen wird es keinen relevanten Zuwachs an Wohnraum geben, der für alle Menschen in Berlin bezahlbar ist.
Stattdessen wird von Seiten des Senats etwas ganz anderes geplant: neue Armenhäuser. In ihnen sollen langfristig all diejenigen untergebracht werden, die wenig Geld und keine Freund*innen in der Politik haben. Ausprobiert werden sie an den Neuberliner*innen, die aus den Krisenregionen der Welt nach Berlin geflohen sind. Aktuell sind diese geplanten Unterkünfte unter dem technokratischen Kürzel MUF (Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge) bekannt. Doch schon bald, frohlockt der Senator für Stadtentwicklung Geisel, sollen hier auch Senior*innen, Studierende und Menschen mit geringem Einkommen wohnen.
Die Modularen Unterkünfte sollen schnell gebaut werden können und günstig sein. Soweit so gut, aber die Nachteile lassen nicht auf sich warten. Nicht einmal Tageslicht in allen Wohnräumen, können die ersten im Bau befindlichen MUFs bieten. Mehrere Leute müssen sich ein Zimmer, Küche und Bad teilen. Wohnen im Sinne des in der Landesverfassung verankerten Menschenrechts auf Wohnen ist das nicht. Als kurzfristige und bessere Alternative zu Containern, Zeltstädten und provisorischen Unterkünften in Turnhallen und Hangars vermarktet, sollen in den MUFs in Wirklichkeit dauerhaft Menschen untergebracht werden. Was das alles für Berliner Mieter*innen heißt ist klar: Langfristig werden diese Unterkünfte zweiter Klasse für den Wohnungsmarkt eine ähnliche Funktion übernehmen wie Hartz-IV für den Arbeitsmarkt. Zwar müssen Weniger auf der Straße schlafen, aber der drohende Absturz zum „Wohnen in der Unterkunft“ wird alle Mieter*innen disziplinieren. MUFs bergen also die Gefahr, neue Substandards zu etablieren: Zuerst Eingeführt für die Schwächsten der Schwachen, dann schrittweise ausgeweitet auf immer breitere Bevölkerungsschichten.
Was wir stattdessen brauchen, ist dauerhaften bezahlbaren kommunalen Wohnraum für Alle, egal ob Neu- oder Altberliner*innen, ob aus Reutlingen, Yaoundé, Mirow oder Aleppo. Finanzierungsmodelle dafür gibt es. Ebenso, wie auch schnell zu bauende Alternativen zu den MUFs, die echte Wohnungen für Alle bieten. Der Senat kennt die entsprechenden Vorschläge, wir stellen sie gemeinsam der Öffentlichkeit vor.
An der Franz-Künstler-Straße Ecke Alte Jakobstraße ist der Bau einer MUF bereits geplant. Dagegen wollen wir protestieren und fordern als Anwohner*innen, Geflüchtete und Stadtinitiativen:
Stoppt die Unterkünfte zweiter Klasse, Wohnraum für Alle!